Copyright. All rights reserved. JoME 2019 „Neues Leben“ Eine 81-jährige Frau kommt in meine Praxis. Sie leidet seit zwei Jahren an Demenz. Diese hat sich in den letzten drei Wochen zunehmend verschlechtert und zwar derart, dass die Angehörigen glauben, sie habe nur mehr zwei bis drei Tagen zu leben. Als die Patientin die Praxis betritt, muss sie am Unterarm gestützt werden. Sie macht kleine Schritte und bewegt sich sehr langsam. Sie schaut auf den Boden und die Augen sind halb geschlossen. Als sie sich hingesetzt hat, spreche ich sie an. Sie sieht mich an, kann aber weder verstehen noch sprechen. Nach dem EKG verabreiche ich ihr eine Ampulle k-Strophanthin 1/4 mg intravenös. Ich helfe ihr von der Liege, sie bückt sich, bindet sich die Schuhe zu, redet und gibt Antworten. Sie kann sich wieder selbständig und normal bewegen. Nach einer Woche kommt sie - ohne jegliche weitere Behandlung - zur Kontrolle in die Praxis. Sie versteht alle Fragen und antwortet flüssig und entsprechend. Die Demenz hat sich (durch eine einzige Injektion) so weit gebessert, daß man von einer annähernd normalen und unauffälligen Alltagskommmunikation mit einem alten Menschen sprechen kann. Für die Angehörigen ein "Wunder". Das Problem ist, dass viele demente Patienten kardiologisch nicht untersucht werden. Und wenn sie untersucht werden, wird keine Herzinsuffizienz (hier stellvertretend für das strophanthinbedürftige Herz) diagnostiziert. Und wenn sie diagnostiziert wird, wird sie nicht behandelt. Und wenn sie behandelt wird, ist der Patient nicht ausreichend versorgt, weil nicht geprüft wird, ob das Herz strophanthinbedürftig ist (was mit wenigen Ausnahmen immer der Fall ist). Die oben beschriebene Patientin wurde vorher nicht kardiologisch untersucht. Sie hatte ein NT-proBNP von 182 ng/l. Das ist ein Wert, der den Kardiologen nicht interessiert und keine Behandlung auslöst. Und eine probatorische Strophanthininjektion wird sowieso nicht durchgeführt. Das finde ich sehr traurig. Vor allem für die Patienten. Dr. med. Brandner, Müllheim, Februar 2016 Verlag Gesund, Munter & Frei, 1120 Wien, Tivoligasse 51/18 - Tel. 0676 3333 922